Emotionen. Kochen schnell hoch, können aber auch genauso rasch wieder abklingen. Über vieles regt man sich zunächst fürchterlich auf, um es dann einen Tag später bei nüchterner Betrachtung entspannter und relativiert zu sehen. Gestern war ich erschüttert, gleich mehrfach. Ein Todesfall im Stadion von Borussia Dortmund, der schlimme Terroranschlag in Ankara (schon der dritte in der Türkei in den letzten Wochen) und final die Wahlergebnisse der drei Landtagswahlen mit dem triumphalen Einzug einer für mich unwählbaren Partei.
Während die Fanreaktion im Westfalenstadion auch heute noch allen Respekt verdient und selbst über die Landesgrenzen hinweg gelobt wird, hier also ein durchweg positives Echo auf diese Tragödie bestehen bleibt, ist Ankara schon wieder zwiegespalten. Präsident Erdogan will sich mit aller Härte gegen den Terrorismus zur Wehr setzen (was auch sonst), garniert dies aber weiterhin mit einer vermeintlichen Nachrichtensperre bezüglich Hintergründen und Täterhistorie. Das hat einen faden Beigeschmack, aber gut, vielleicht dient es ja wirklich den Ermittlungen.
Na, und die heutigen Kommentare und Debatten über den Wahlausgang bringen die im Titel angesprochene Ernüchterung. Hier und da eine Kritik an den etablierten Parteien (war es nun Horst Seehofer, der durch seine Parolen die eigene Koalition geschwächt und die AFD gestärkt hat, unabhängig davon, dass er schon lange nicht mehr tragbar ist?), ein wenig Recherche, wo die Wähler herkommen (Arbeiter, Arbeitslose, ehemalige Nichtwähler – alles wenig überraschend) und die Überlegung, ob sich die neue Partei wohl halten wird (Tenor: Bei Selbstzerfleischung geht sie unter. Welch Wunder!).
Was mir fehlt? Die Auseinandersetzung der alteingesessenen Parteien mit eigenen Versäumnissen, mit der Nichtberücksichtigung von Bürgerinteressen, mit dem seit Jahren wiederkehrenden Aufbürden immer weiterer EU-weiter Herausforderungen, ohne dem Bürger die Notwendigkeit verständlich klar zu machen und ohne parallel die vielen guten Taten für die eigene Bevölkerung herauszustellen. Gemäß dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ wäre es an den Parteivorsitzenden gewesen, offensiv die vielen Vorteile dieses Landes und seiner Regierung zu verdeutlichen und dies in Symbiose mit den schweren anderen Aufgaben zu bringen.
Kein Bundesbürger hat durch die Aufnahme von Flüchtlingen weniger (Geld, Arbeit, Wohnqualität, Rente, was auch immer), die Kriminalität übersteigt nicht jene in anderen Grenzbereichen (dazu zählen die Umgebung von Erziehungsheimen, sozialen Brennpunkten und eben Flüchtlingseinrichtungen) und die Nutzung von Sporthallen als Unterkunft ist zwar in der Tat ärgerlich, aber hier muss Menschlichkeit vor Egoismus stehen. Sport kann man im Zweifel auch draußen treiben, ist zwar lästiger, aber möglich. Das alles findet man aber in Regierungskommunikationen stets nur zwischen den Zeilen, in hochtrabenden politischen Talkshows oder dem politischen Kommentar von Tageszeitungen. Damit erreicht man den normalen Bürger aber nur bedingt.
Ich war zu Anfang bei Emotionen, die in Ernüchterung umschlagen können. Hier sollten wir das verhindern, eine gewisse Grundemotion hilft, um die Kraft aufzubringen, die vielen offenen Flanken zu schließen und grundlegende Fehler zu beheben. Die liegen kaum in der politischen Arbeit, aber in der Kommunikation bis hinunter in die Niederungen der mühsamen Kommunalpolitik. Wenn ich beraten dürfte, sehe ich dort einen Ansatzpunkt. Daher wiederhole ich meinen gestrigen Appell: Redet alle miteinander, analysiert Parteiprogramme, schaut euch die Aktivitäten im In- und Ausland an und habt keine Angst, dass unser Wohlstandsland dem Untergang geweiht ist. Demokratie ist der Schlüssel zum Glück.
Keep on rockin´
Ree