Kompensation. In irgendeiner Form, das ist es, was man in schlechten Zeiten benötigt. Etwas, was als Ventil, Abwechslung oder Erneuerung dient, eine zeitlang anhält und über miese Stunden hinweg führt. Mit der Macht, Traurigkeit zu verscheuchen, Hilflosigkeit zu vertreiben und Zuversicht erkennen zu lassen.
Nun fühle ich mich ja persönlich seit Monaten schon in einer Dauerschleife von schlechter Zeit gefangen und finde, auch wenn es natürlich zwischenzeitlich mal gute Tage gibt, nicht mal annähernd konstant einen Ausweg. Von Sport über Yoga, Meditation, Lesen, Filme, Ausgehen, Reisen, Arbeiten und Co habe ich schon eine ganze Menge ausprobiert, doch die Universallösung bleibt verborgen, die Grundtraurigkeit bestehen.
Dazu kommt, dass die noch immer ungeklärten Themen (Haus, Auto…) und emotionalen Werte (Hund, Familie…) in schöner Regelmäßigkeit den seelischen Erdboden aufreißen und einen so richtig schön hinunter krachen lassen. Bämm, schon hängt man wieder drin und weiß erneut nicht, wie man sich daraus befreien soll – zumal nachhaltig.
Nun hatte ich heute einen kurzen Austausch mit jemandem, der mir eigentlich nur bedingt nah steht, aber als stiller Beobachter aus der Ferne fungiert hat. Als er erkannte, was mich bewegt (unschwer zu sehen, da mir der gestrige Tag offenbar im Gesicht geschrieben stand und ich durch die aktuelle Erkältungsschwäche auch einiges von meinem schauspielerischen Talent eingebüßt hatte), hielt er sich zu einem Rat bemüßigt, der da lautete: Öffne die dunkle Seite Deiner Seele und lass endlich die ganze Wut, den Frust und den Hass heraus. Brodle. Explodiere und sorge dafür, dass Du diese schwärzeste Schwärze zu Deinem Vorteil nutzen kannst.
Ich solle endlich aufhören, so ein verdammt netter Kerl zu sein, der für alles Verständnis zeigt und Fehler nur bei sich sucht, obwohl doch offensichtlich sei, dass da jemand pur egoistisch gehandelt hat und sämtliche selbst auferlegte Verpflichtungen und Versprechen ohne zu zögern in den Wind schoss, ohne auch nur einen halbwegs langen Atem zur gemeinsamen Bewältigung an den Tag gelegt zu haben. Und dass das jede Form von Wut rechtfertigt, die es dann in Energie für einen Neustart umzuwandeln gilt. Ich glaube ja, dass er Recht hat. Ich denke auch, dass der Weg gangbar wäre. Wäre ich nicht ich. Ich bin einfach nicht gerne wütend, weil ich danach in der Regel noch schlechter drauf bin und ein schlechtes Gewissen habe.
Aber wenn es noch länger so weiter geht, wer weiß? Vielleicht kommt dann der Zeitpunkt, an dem es nicht mehr anders geht. An dem es raus muss. An dem auch mein Inneres begreift, dass es nicht hilft, immer nur an andere zu denken, sondern man sich zuallererst selbst verpflichtet ist. Andere sind da schon weiter. Ich kriege das noch nicht hin. Vielleicht später.
Keep on rockin´
Ree
Hey Ree,
mir wurde oft gesagt, dass sich in mir unglaublich viel Wut befindet. Ich habe nie begriffen, wovon gesprochen wurde. Da ich ein liebes, braves und vernünftiges Mädel war.
Heute spüre ich die unglaubliche Wut in mir und kann dennoch nicht sagen, woher sie kommt.
Die Kunst ist es, die Energie der Wut so einzusetzen, dass es nicht zerstört, sondern sich schöpferisch ausdrückt. Dann kann Wut etwas wundervolles sein. 🙂
Liebe Grüße, Lio
Hi Lio,
vielleicht ist es die Wut, die mich heute wach hält. Dennoch gelingt es mir noch nicht, sie sinnvoll zu konvertieren, da bist Du mir voraus. Aber ich arbeite daran.
Lieben Gruß und gute Nacht
Ree