Nikolaus. Es hat schon etwas surreales, einen Teil der Adventszeit bei über 20 Grad und strahlendem Sonnenschein zu verbringen und dabei dennoch überall Weihnachtsdekorationen zu erblicken. Und dennoch gefällt mir diese Variante weit besser als das Bibbern daheim; Sonnenkind eben. Nur die liebgewonnenen Menschen fehlen, denn aktuell bin ich hier allein. Aber das muss nicht schlecht sein, ist es doch inzwischen eine erprobte Art zu reisen und Teneriffa sowieso im Grunde “der einzige Ort, der sich auch alleine nach Zuhause anfühlt“. Klar, bei den Eltern ist es auch toll, aber das liegt an ihnen, nicht dem Ort an sich. Mit diesen besten Eltern aller Zeiten wäre jeder Ort auf der Welt ein schöner, so eben auch eine Wohnung in einem Dortmunder Gewerbegebiet.
Zurück zur Weihnachtszeit hier, die erfüllt ist von altbekannten Liedern, einer Vielzahl von Krippen, Spiritualität und spürbarer Freude. Kann es sein, dass den Spaniern ob ihres bevorzugt katholischen Glaubens die eigentliche Bedeutung von Weihnachten noch nicht abhanden gekommen ist oder handelt es sich hier um eine spektakuläre gelungene Inszenierung für die zahlenden Gäste? Ich kann es nicht wirklich beantworten, dafür fehlt mir Zugang zu Privatwohnungen der Residenzen, aber zumindest fühlt es sich gerade außerhalb der touristischen Zentren schon sehr echt an. Ich muss mal nach Candelaria, dem christlichen Zentrum der Insel und die Stimmung dort einfangen. Vielleicht morgen.
Heute war ich auf einer ureigenen spirituellen Tour, habe mich meinem Schicksalsberg genähert und unter seinen Augen eine wahrhaft königliche Wanderung absolviert. Zu viel der Superlative? Mag sein, aber für mich ist es stets etwas Besonderes, hoch in den Teide Nationalpark zu fahren und den höchsten Berg Spaniens in seiner ganzen majestätischen Pracht erblicken zu können. Schon der Park an sich, mit den vielen Gipfeln, Kratern, Gesteinsvariationen und Mondlandschaften ist ein Schauspiel sondergleichen, doch wie der oft schneebedeckte Gipfel über allem wacht, das ist schon nochmal speziell. Ein wenig getrübt von wahrlich touristischen Horden, einer Menge die mir bei den letzten zehn Besuchen noch nicht untergekommen war und die greifbare Bestätigung, dass sich die Urlauber eher gegen die Türkei und für die Kanaren entscheiden. Aber man sollte darüber hinweg sehen, denn genau genommen bin auch ich ja noch immer Tourist, auch wenn es sich aktuell um den elften Trip in neun Jahren handelt.
Ich habe mich also aufgemacht, abseits geparkt und eine Runde eingeschlagen, die mir bislang unbekannt war. Weg von der Straße führte sie mich, in eine Schlucht zwischen kleineren Erhebungen und sogleich verschluckte die Umgebung jegliches Geräusch. Nur noch meine Füße erzeugten ein stetes Knirschen auf dem steinigen Boden, selbst der Wind hielt still und ließ mich mit meinem Gedanken auf dem Weg allein. Selbige flossen konstant, alles kam immer mal wieder ins Gedächtnis hervor, doch nichts konnte die wesentlichen Eindrücke trüben, diese Stille, den Frieden und die Erkenntnis, dass es der Natur völlig egal ist, womit ich mich persönlich gerade beschäftige. Der Aufstieg auf den schwarzen Berg forderte ob der Höhe alle Konzentration von mir ein und ich kam, vermutlich aufgrund der Anstrengung, aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Am kleinen Gipfel angekommen legte ich dann auch eine lange Pause ein und konnte den Blick kaum vom Teide und der ihn umgebenden Landschaft nehmen. Warum auch immer, nahm sie mich heute mehr noch als sonst gefangen. Ich bin sicher, dies liegt in den Zweifeln der Vergangenheit und Gegenwart begründet, kombiniert mit meinen Sorgen, was die Zukunft wohl bringen mag.
Aber dieser Trip, diese gehaltvolle Wanderung, hat mir zumindest die Zuversicht zurück gebracht, dass es diese stillen, friedvollen Momente und Orte noch gibt, die einem in zerrissenen Zeiten etwas Kraft spenden und Rückzug anbieten. Dies ausgerechnet an Nikolaus zu erleben, macht es noch ein klein wenig mystischer. Der Geist der Weihnacht eben – oder doch die Kraft des Berges? Wer weiß das schon. Wichtig bleibt: Es war jeden Schritt und jede Fußblase wert und wird nicht der letzte Ausflug gewesen sein.
Keep on rockin‘
Ree
Schöner Bericht, da muss ich mich doch gleich mal näher auf deinem Blog oder Block 🙂 umsehen
Lieben Dank und viel Spaß dabei. Ich bin natürlich direkt zu Deinem Blog gewandert und lese dort nun ein wenig 🙂