Weg. Raus. Nicht irgendwohin, sondern von hier weg wollen. Verfolgt man die verschiedenen diesbezüglichen Sendungen im TV, so ist das in der Regel die Triebfeder der Auswanderer. Insbesondere jener, deren Abenteuer letztendlich völlig in die Hose geht und die wie geprügelte Hunde mit noch weniger zurück kehren, als sie vor der oftmals spontanen Entscheidung hatten. Natürlich, sie haben in irgendeiner Art und Weise zusätzliche Lebenserfahrung gewonnen, doch scheint der Preis dafür vielfach erstaunlich hoch zu sein. Gerade erst habe ich von 50kg Gewichtsverlust aufgrund des Kummer und Stress gehört; kein sehr gesunder Lebenswandel.
Vielfach trifft es Menschen, die mit dem Druck in Deutschland, der Leistungsgesellschaft und ihrem eigenen Anspruchsdenken nicht mehr zurecht kamen und sich aufmachen, „das Glück zu finden“. Was meistens nicht bedacht wird, ist, dass man einen großen Teil seiner Probleme in sich trägt und sie einen überall hin begleiten. Gerade mentale Herausforderungen oder auch fehlende Fachkenntnis, mangelnder Ordnungssinn oder die fehlende Fähigkeit, mit Geld umzugehen, lässt sich nicht durch einen Wechsel der Landesgrenzen korrigieren. Im Gegenteil, die vielen neuen Hürden, beispielsweise einer fremden Sprache, ausländischer Bürokratie, der Tatsache, dass man plötzlich selbst „der Eindringling ist, der den Einheimischen Arbeitsplätze streitig zu machen droht“ kommen hinzu und scheinen für viele Auswanderer völlig überraschend zu sein. Kopfschüttelnd sitze ich dann auf der Couch.
Auch ich wollte immer schon in Spanien arbeiten. Ich versuche aber seit Jahren, die Sprache vernünftig zu erlernen und scheitere daran. Klar, für Kurzkonservationen reicht es, aber sich im Job behaupten? Gegen andere Bewerber durchsetzen? Verhandlungen führen? Ganz sicher nicht. So manch ein Wegbegleiter behauptet zwar, flieg einfach hin, nur dann tauchst Du völlig in die Sprache ein. Aber das geht aus meiner Sicht nur im Rahmen einer Auszeit, einer längeren Reise. Und nicht mit dem Druck im Nacken, rasch einen Job für den Lebensunterhalt zu finden; und um im Tourismusgebiet zu arbeiten, dort nur Deutsch und Englisch sprechen zu müssen, bin ich mir zu schade.
Aber lässt sich so eine Auswanderung dann überhaupt realisieren? Klar, mit vernünftiger Vorbereitung geht alles. Möglicherweise würde sogar das Spanien-Thema klappen. Sparen für ein Jahr Budget, damit man 3-6 Monate zum Einstieg hat, um die Sprache zu lernen, und dann nochmal 3-6 Monate für die Jobsuche. Klappt es bis dahin nicht, muss es zurück gehen. Das könnte eine Variante sein. Und das englischsprachige Ausland wäre für viele Menschen sicher auch eine Variante, da steht allerdings oft die Einreise- bzw. Arbeitsbeschränkung in Ländern wie den USA, Kanada, Australien oder Neuseeland entgegen. Hier wäre es einfacher, in Deutschland bei einem entsprechenden Konzern anzuheuern und eine Versetzung in das Land der Träume anzustreben.
So oder so würde ich niemandem, der nicht im tiefsten Herzen Abenteurer ist und eben nicht vor etwas davon laufen will, zu einem unvorbereiteten Schritt raten. Natürlich muss nicht alles totgedacht werden, aber man strebt ja nach Glück. Und nicht nach noch mehr Ärger, Frust und Ängsten. Oder sehe ich das zu verbohrt, bin ich schon zu Deutsch? Bin gespannt, was ihr sagt.
Keep on rockin‘
Ree