Los Angeles, LAX-Airport, kurz vor der Einreise. Schon als das Flugzeug aufsetzte, somit zum ersten Mal nach zwei Wochen Unwägbarkeiten in Peru irgendwie gearteter bekannter Boden zum Greifen nah schien, stellte sich eine schwer zu erklärende Erleichterung ein. Natürlich gab es Highlights im Andenstaat, Machu Picchu, die Oase, Inka-Reliquien und auch Cusco, aber stets lag ein Schatten der nicht verschwinden wollenden Lows über den Erlebnissen. Ernsthafte Magenprobleme, eine Fußverletzung, Dreck allerorten und die permanente Wachsamkeit sorgten für Ernüchterung und den vorzeitigen Abbruch dieses Abenteuers. Bin ich zu alt für diesen Kram? Vermutlich, der Abenteurer in mir erkundet wohl lieber Gegenden, die ihn auch emotional ansprechen – da ist die USA weit vorne, aber auch Spanien und alles rund um Thailand gehört dazu. Aber Mittel- und Südamerika? Vorerst nicht. Dachte ich. Aber zu diesem Irrtum später (deutlich später) mehr. Jetzt, nach der Landung im Sunshine State, hieß es erstmal, die vermeintlich ewig lange Einreiseprozedur zu überstehen und je nach verbleibender Zeit bis zum Weiterflug nach Las Vegas den Tag irgendwie zu nutzen.

Und dann, Überraschung: Waren wir nach weniger als 15 Minuten durch. Einfach so. Die Kontrolle war schier lächerlich simpel, Los Angeles hat inzwischen auch diese Einreiseterminals und ein deutsche Reisepass hilft offenbar ungemein. Das war erstaunlich, erstaunlich cool, denn es hieß, dass nun ein ganzer Tag vor uns lag und wir lediglich unser Handgepäck tragen mussten – der Rest wurde von LATAM dankenswerterweise direkt durchgecheckt (wir hätten den Westküsten-Roundtrip übrigens auch gern in LA gestartet, doch wie so oft kostete der Direktflug Lima – LA mehr als das Doppelte, als die Verbindung Lima – LA – Las Vegas. So war es zwar logistisch etwas komplizierter, aber die Differenz finanzierte den Mietwagen und die ersten 7 Übernachtungen. Irre!). Hier begann nun unsere freiwillige Uber-Testreihe, denn wann immer wir in den folgenden fünf Wochen nicht auf den Mietwagen zurückgreifen wollten, buchten wir eine der flexiblen Fahrten. Für knapp 25$ ließen wir uns vom Airport nach Santa Monica bringen, da es früh am Morgen war, ich den Ort bereits kannte und somit wusste, dass man die Zeit bis zum Weiterflug auf dem Pier und der Promenade hervorragend verbringen konnte. Der Verkehr war überschaubar, wir blätterten im erworbenen Reiseführer und erreichten nach gut 30 Minuten unser Ziel, wo wir etwas übernächtigt zunächst mal die Beine ausstreckten und in der Sonne sitzend ein wenig den Blick über Strand und Ozean gleiten ließen. Das „End of the Trail“-Schild der Route 66 bedeutete für uns im Gegenteil den Anfang eines neuen Reiseabschnitts – wunderschöne Ironie.

Es wurde ein Tag ganz nach unserem Geschmack. Durch den Müßiggang am Pier konnte der ganze innerlich angestaute Frust etwas reduziert werden und die Freude, Speisen und Getränke ohne sorgenvolle Gedanken über deren Wirkung bestellen zu können, steigerte das Hochgefühl noch etwas. Nach einer ausgiebigen Ruhephase bummelten wir ein wenig über den Steg, schauten uns die Fahrgeschäfte und Souvenirläden an, beobachteten alt gewordene Straßenrapper und besprachen schon mal ein paar mögliche Routen für die kommenden fünf Wochen. Es war tatsächlich ein Gefühl der Freiheit im „Land of the Free„, schwer zu beschreiben, aber dennoch nach den Wochen in Südamerika greifbar. Wir sind wohl westlicher, als gedacht. Und ich dazu noch alt geworden. Hatte ich ja schon erwähnt.

Sehr gechillt ließen wir uns erneut mittels Uber zurück zum LAX bringen, um den Weiterflug nach Las Vegas anzutreten. Da wir bereits eingereist waren und die großen Rucksäcke ja ebenfalls nicht von uns transportiert werden mussten, wirkte dieser Inlandsflug tatsächlich wie eine Taxifahrt. Kaum Kontrollen, entspanntes Personal, relativ kurzer Flug und schon blinkte uns das Spielerparadies in der Wüste entgegen. Wir hatten direkt ein paar Nächte im OYO Hotel & Casino gebucht, denn die erste Prämisse hieß: Den restlichen Frust abschütteln, Sonne genießen, Kraft tanken. Und natürlich Las Vegas erkunden, zu Fuß, weshalb wir vom Start weg noch keinen Mietwagen besorgt hatten. Die Stadt lässt sich auch so prima erkunden, liegen doch die wesentlichen Sehenswürdigkeiten alle nah beieinander und das OYO nur eine Querstraße vom Trubel des Strip entfernt – zum New York, New York waren es lediglich fünf Minuten zu Fuß. Das nutzten wir nach der Ankunft und dem entspannten Check-In auch direkt aus, besichtigten die nachgebauten Sehenswürdigkeiten der Weltmetropole, aßen eine Kleinigkeit und statteten und bei American Eagle mit Jeans und Trainingshose aus – nun mussten wir ja keine Rücksicht mehr auf unsere Rücken nehmen, da die Rucksäcke zukünftig mittels Auto transportiert werden würden.

Alleine die Eindrücke dieses ersten Tages im Land der unbegrenzten Möglichkeiten bestätigten uns darin, diesen (teuren) Schritt gewagt zu haben. Immerhin hatte auch ein Abbruch der gesamten Reise mittels Rückkehr nach Deutschland im Raum gestanden – rückblickend wäre das die deutlich schlechtere Variante gewesen. Es sind die Kleinigkeiten, die den Alltag auch auf der Reise in die eine oder andere Richtung kippen lassen können. Bei tagelang andauernden Magenproblemen ist die Aussicht auf verlässliche Ärzte ein Sicherheitsgefühl – ob man sie letztendlich benötigt, oder nicht. Unbedenklich Essen und Trinken zu können, ist ebenfalls ein hohes Gut, genauso wie das Gefühl, durch die Straßen zu streifen, ohne sich regelmäßig unsicher umzusehen (obwohl es natürlich auch in den Staaten no-go-Areas für Touristen gibt, aber dazu später mehr). Somit waren wir auch mental nun etwas mehr im Reisemodus angekommen und gespannt darauf, was die Westküste dieses schönen Landes für uns bereit hielt.
Keep on rockin‘
Ree