Jobwechsel. Mal etwas Neues sehen, etwas Anderes wagen, die Routine aufbrechen und den Blickwinkel verändern. Vielleicht auch einfach einen weiteren Karriereschritt unternehmen oder nach mehr Geld streben. Es gibt viele Gründe, um sich nach Alternativen umzuschauen und wenn man sich einen gewissen Status erarbeitet hat, wird auch das ein oder andere Angebot entstehen. Doch ist es immer sinnvoll, aus dem sicheren Hafen heraus zu segeln und die Perspektive zu wechseln? Kann es nicht auch mal schön sein, morgens bereits zu wissen, welche Anforderungen über den Tag hinweg zu bewältigen sind und Gewissheit zu haben, diesen auch gewachsen zu sein? Nicht jede Woche muss mit neuen Herausforderungen aufwarten, nicht immer ist die Extrameile das Mittel der Wahl. Der Druck, den wir uns durch Veränderungen auferlegen, nämlich seinen vormaligen Status zu bestätigen, neue Kolleg(inn)en von sich überzeugen und mit Leistung glänzen, kann uns auch einknicken lassen. Und dann haben wir gar nichts gekonnt, sondern hängen womöglich in einer Spirale fest, in welcher wir den altbekannten Arbeitgeber mit all seinen positiven Faktoren vermissen – die negativen werden dabei natürlich vom Gehirn ausgeblendet. Also, selbst wenn ein Jobwechsel attraktiv erscheint: Nach bereits zwei Fehlentscheidungen diesbezüglich empfehle ich euch, nicht nur eine Nacht, sondern eher einen ganzen Monat darüber zu schlafen.
Therapievarianten. Es gibt so viele Ansätze und Meinungen, wenn es um physische oder psychische Verletzungen geht, dass man rasch den Durchblick verliert. So können muskuläre Beschwerden, eingeklemmte Nerven oder ähnliches mit Wärme, Kälte, Elektronik, Massagen etc. behandelt oder die Psyche über Verhaltenstherapie, Psychoanalyse und vieles mehr geheilt werden. Und steckt man in einer der oben skizzierten Drucksituationen, kann sogar beides, muskuläre und psychische Beschwerden, dadurch ausgelöst werden. Dummerweise lassen Ärzte uns häufig selbst entscheiden, was wir für die bessere Behandlungsmethode halten. Als hätte ich diesen Studienzweig beschritten, nicht die vor mir sitzende Heilkraft. Da Massagen nichts gebracht haben, genauso Elektronik und Wärme, bat ich um eine Spritze. Pustekuchen, es gab Muskelrelaxan. Warum fragt sie dann? Möglicherweise hilft es, vor jedwedem Praxisbesuch mal einen Ratgeber zu den Beschwerden zu lesen. Nur nicht über google, in 90% der Fälle führt gemäß der Top-Suchergebnisse des Onlinegiganten jedes Zipperlein unmittelbar ins Verderben. Das gute, alte Medizinlexikon reicht da wohl völlig…
Wohnort. Das Heimatthema hatten wir ja gerade erst, aber auch ein Wohnortwechsel ohne emotionale Zerrissenheit kann anstrengend sein. Auch wenn ein neues Umfeld belebend und erfrischend sein kann, so sorgt es doch für vielerlei beängstigende Momente. Die Herausforderung, auf sich allein gestellt zu sein, sich zurechtfinden und neue Lieblingsplätze finden zu müssen, falsche Gegenden zu meiden und mit den Einheimischen Kontakte zu knüpfen, ist gerade für introvertierte Zeitgenossen nicht einfach. Gehört man dann noch zu einer Altersklasse jenseits der 35, fallen auch viele Freizeitaktivitäten aus, bei denen vormals quasi spielend neue Bekanntschaften entstanden sind: Sport, Discobesuche, Partygänge. Und selbst, wenn man die Stadt nicht allein gewechselt hat, entstehen kriselnde Situationen, denen man sich zuvor nicht ausgesetzt sah. Es kann belastend sein, nur eine wirkliche Vertrauensperson in der näheren Umgebung zu haben, denn kleinere Reibungspunkte sind völlig normal; doch ist es fatal, wenn dann kein bester Freund oder keine beste Freundin zu einem spontanen Treffen vor Ort ist. Das Telefon kann das nur bedingt ersetzen und so beginnt manchmal eine schleichende Entfremdung, die tragisch enden kann. Wenn der neue Wohnort gewisse Attraktivitätsfaktoren wie eine hübsche Innenstadt oder einen hohen Freizeitwert besitzt, hilft das aber häufig bereits. Dennoch bleibt, ein Wohnortwechsel ist ein elementarer Eingriff in die persönliche Komfortzone.
Beziehungen. Oft schon habe ich von Singles gehört, dass sie sich nach der Zweisamkeit sehnen, ebenso aber auch mit Paaren gesprochen, die ihren Freiraum vermissen und immer mal wieder darüber nachdenken, einfach auszubrechen – nur um sich, so sie es tatsächlich vollzogen haben, später dann doch wieder nach Geborgenheit zu sehnen. Ist das Gras in Nachbars Garten wirklich immer grüner oder kommt es einem, gefangen im persönlichen Alltag, nur grüner vor? Warum will man so oft genau das haben, was gerade unerreichbar scheint und sehnt sich nach Vergangenem zurück, wenn man es erreicht hat? Macht es nicht viel mehr Sinn, einfach mal glücklich im Hier und Jetzt zu verweilen, die Gegenwart zu genießen und auf das Universum zu vertrauen. Veränderungen geschehen trotzdem, erfahrungsgemäß schleichend, und sie können genauso zu großen Umwälzungen führen, wie der Big Bang – nur eben nicht so plötzlich, nicht so dramatisch. Ich bin ja auch nicht von heute auf morgen 20kg schwerer geworden und genauso wenig werde ich die wieder los, wenn ich heute wie ein Irrer trainiere. Das muss in kleinen, nachhaltigen und wohl geplanten Schritten verlaufen. Also keine Hektik, Nachbars Gras ist nicht grüner. Es ist nur Dein Verlangen, diesen Rasen zu besitzen. Doch wenn Du ihn dann hast, lässt seine Attraktivität rasant nach.
Urlaub. Reist Du auch mal allein? Oder macht Dir das eher Angst? Willst Du Erlebnisse unmittelbar teilen, oder kannst Du sie kompensieren und bist bereit, sie den Daheimgebliebenen nach Deiner Rückkehr zu erzählen? Ein wenig hängt es vermutlich sogar von Deinem Geschlecht ab, müssen Frauen doch vermeintlich größeren Gefahren ausweichen, als Männer. Doch auch für mich (Mann) verursachte alleine zu verreisen zunächst ein unangenehmes Gefühl. Ich war dreimal ohne Begleitung weg und die ersten beiden Tage waren immer zittrig, verwirrend und unschön. Kurzum, ich wollte direkt wieder zurück fliegen. Glücklicherweise bin ich geblieben, denn die Erfahrungen ab Tag drei sind sehr wertvoll gewesen. Nicht nur habe ich auf einer Reise ein Kinderbuch geschrieben und auf einer anderen viel Sport getrieben. Nein, ich habe mir intensiver Gedanken über mein Leben gemacht, als jemals zuvor und konnte Antworten auf lange gehegte Fragen finden. Das hat mich nicht nachhaltig glücklicher gemacht, diese Illusion will ich Dir nehmen, aber in den jeweiligen Momenten habe ich mich anders, stärker gefühlt. Ich habe auf jeden Fall vor, in diesem Jahr nochmal eine Woche mit mir selbst zu verbringen und kann es Dir nur wärmstens empfehlen. Aber natürlich sind gemeinsame Reisen ein ganz besonderes Vergnügen. Egal, ob mit dem Partner, besten Freunden oder den Eltern: Jede Konstellation hat eigene Reize und manchmal sieht man sogar den immer gleichen Urlaubsort mit völlig anderen Augen.
So gibt es also viele Situationen, in denen man die Wahl hat. Aber kann man alles kontrollieren? Niemals. Du hast die Wahl, links oder rechts abzubiegen, aber welche Route die Schönere ist, weißt Du vorher oft nicht. Du kannst es nur ausprobieren und wirst vielleicht nie erfahren, was Dich auf dem anderen Weg erwartet hätte. Also mach das Beste aus der Route, die Du tagtäglich für Dich selbst wählst. Für heute ist es nämlich die einzige, erst morgen kannst Du einen alternativen Pfad versuchen.
Keep on rockin‘
Ree